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Abgesehen von der den Menschen vor allen anderen Tieren auszeichnenden Eigenschaft des Selbstbewußtseins, welcher wegen er ein vernünftiges Tier ist..., so wird der Hang: sich dieses Vermögens zum Vernünfteln zu bedienen, nach gerade methodisch, und zwar bloß durch Begriffe zu vernünfteln, d.i. zu philosophieren; darauf sich auch polemisch mit seiner Philosophie an anderen zu reiben, d.i. zu disputieren, und, weil das nicht leicht ohne Affekt geschieht, zu Gunsten seiner Philosophie zu zanken, zuletzt in Massen gegen einander (Schule und Schule als Heer gegen Heer) vereint offen Krieg zu führen; – dieser Hang, sage ich, oder vielmehr Drang, wird als eine von den wohltätigen und weisen Veranstaltungen der Natur angesehen werden müssen, wodurch sie das große Unglück, lebendigen Leibes zu verfaulen, von den Menschen abzuwenden sucht.
Immanuel Kant

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  • feministisch-systemische ArbeitsgruppeDatum13.12.2010 17:49

    Liebe Kolleginnen,
    diesmal habe ich mich gemeldet fürs Protokoll schreiben, mal sehen ob mir das gelingt.

    Anwesend waren: Sabine Kirschenhofer, Verena Kuttenreiter, Elisabeth Klar, Hedi Wagner, Marion Herbert und Michi Mühl.

    Wie vorgenommen, haben wir nochmals über den Text von Judith Butler diskutiert - also 1. kapitel aus "Das Unbehagen der Geschlechter", S. 15
    - S. 32 unter Reflexion der Positionen von de Beauvoir und Irigaray auf die sie sich bezieht.
    Die Diskussion war sehr spannend, Elisabeth war so freundlich und hat uns eine kurze und präzise Zusammenfassung der Positionen gegeben, so hat sie erklärt, dass Simone de Beauvoir und Luce Irigaray sich noch innerhalb des phallokratischen Weltbildes bewegen würden mit der Differenzierung und Bewertung von Subjekt und Objekt, während Judith Butler darüber hinaus gehe und postuliere, dass es einen Körper gibt, aber unsere Identität, auch die Geschlechteridentität würden wir nicht besitzen, sondern sie performen, Gender als "Ritual" - eine identität, die getan wird, aber nicht ist. Diskutiert wurde dann darüber, ob es überhaupt Sinn macht, sich auf so theoretisch hohen Niveau auseinanderzusetzen ("ist doch auch wieder eine männliche Form der Auseinandersetzung" vs "das brauchen wir uns deshalb nicht nehmen lassen"), bzw. auch wegen Umsetzbarkeit in der Praxis ("Butler für Dummies?" - Dazu bald mehr von einer Bekannten/Freundin Marions, die uns mal besuchen wird) . Andererseits hat gerade diese wissenschaftliche Auseinandersetzung auch dazu beigetragen, dass viel in Gang gebracht wurde (Veränderung bottom up oder top down? - Conclusio war glaub ich, dass beides nötig ist). Butler scheint jedenfalls durchaus Revolutionäres im Sinn zu haben, wenn man ihre öffentlichen Auftritte sieht und durch ihre Postion als anerkannte Wissenschafterin wird sie auch ernst genommen...

    Ein Vorschlag Elisabeths war, dass wir uns auch einmal etwas leichter lesbarere Texte von Butler vornehmen könnten. Ich weiß aber nicht mehr, ob wir uns auf etwas für nächstes Mal geeinigt haben, ich fürchte nein und hoffe da auf Korrektur/bzw. Vorschläge eurerseits.

    Termin für nächstes Mal ist Freitag, 18.02.2011 um 19 Uhr - Freitag ist doch für viele angenehmer, es läßt sich nachher auch ganz gut trinken gehen, was ein paar von uns gleich gemacht haben.

    Ich wünsche euch allen schöne Feiertage und einen guten Jahresabschluss und Neubeginn!
    Liebe Grüße,
    Michi

  • feministisch-systemische ArbeitsgruppeDatum07.06.2010 10:46

    Aus dem Logbuch der feministisch-systemischen Arbeitsgruppe

    Virginie Despentes, sexuelle Gewalt, Prostitution – und mittendrin die Psychotherapie

    In den letzten Sitzungen der Arbeitsgruppe haben wir uns insbesondere mit Virginie Despentes Essay King Kong Theorie auseinandergesetzt. Diese feministische Autorin, die vor allem für die Romanverfilmung Baise-moi bekannt ist, hat uns mit ihren teilweise sehr kontroversen Aussagen reichlich Diskussionsstoff gegeben.
    Virginie Despentes spricht in diesem Essay einerseits das „Fantasma der Vergewaltigung“ an, einen Machtmechanismus unserer Gesellschaft, der Frauen vor ein unlösbares Dilemma stellt: Einerseits ist Vergewaltigung eine realistische und als Fantasma zudem stets präsente Bedrohung. Andererseits ist es jenes Verbrechen, von dem man sich nicht erholen darf, das man nicht hinter sich lassen darf. Vergewaltigung verurteilt nicht nur den Täter sondern auch das Opfer. Um das Dilemma noch zu verstärken, werden, wie Despentes argumentiert, Mädchen zur Wehrlosigkeit trainiert. Sie spricht ihre eigene mehr psychologische als physische Unfähigkeit sich zu wehren an, die sie bei einer erlebten Vergewaltigung verspürt hat, und meint, dass Frauen unbewusst eingeprägt werde, dass selbst eine Vergewaltigung sie nicht dazu berechtige, ihrerseits einem Mann Gewalt zuzufügen.
    In der Arbeitsgruppe haben wir dies als Ausgangspunkt genommen, um über erlebte und uns berichtete mehr oder weniger bedrohliche Übergriffe zu reden. Auch wenn dabei längst nicht jedes Mal Hilflosigkeit die Reaktion war, ist diese Hilflosigkeit beziehungsweise Handlungsunfähigkeit als Bedrohung erkannt worden – oder zumindest die Angst vor dieser Handlungsunfähigkeit. Auffallend war auch, dass Handlungsunfähigkeit relativ direkt mit Schuldgefühlen verbunden wurde.
    Virginie Despentes propagiert in ihrem Essay außerdem einen differenzierteren Blick auf die Prostitution. Sie lehnt Haltungen ab, die Prostituierte als Opfer darstellen und argumentiert, dass Prostitution grundsätzlich ein Beruf wie jeder andere sein könnte, wenn nur die Arbeitsbedingungen und die rechtliche Situation verbessert würde. Interessant war hierbei, dass ihrer Erfahrung nach nicht der körperliche Kontakt belastend war sondern im Gegenteil die emotionale Bindung zu den Klienten – umso mehr, wenn diese ihr sympathisch waren. In der Arbeitsgruppe haben wir diese emotionale Belastung als den sozusagen psychotherapeutischen Aspekt ihrer Arbeit bezeichnet.
    Daraus hat sich die vielleicht spannendste Diskussion um Virginie Despentes ergeben. Wir haben uns gefragt, inwiefern Psychotherapie nicht ohnehin bereits eine Form der Prostitution ist. Der_die Psychotherapeut_in stellt sich und seine_ihre Emotionen dem_der Klient_in zur Verfügung.
    Es stellte sich uns die Frage, wo wir unsere Grenzen ziehen. Wieso kommt körperlicher Kontakt für viele nicht in Frage, wenn diese sich gleichzeitig geistig/emotional derart auf das Gegenüber einlassen können? Wenn körperlicher Kontakt tatsächlich noch mehr Intimität bedeutet, warum können sich viele andere wie zum Beispiel Despentes von dem Einen abgrenzen, von dem Anderen aber nicht? Bedeutet Abgrenzung (egal ob in der Psychotherapie oder in der Prostitution) auch immer in gewissen Maßen ein Dissoziieren?
    Wir haben eingehend über eine Grazer Initiative geredet, sogenannte "Sexualbegleiter_innen" für geistig oder körperlich Behinderte auszubilden. Diese Sexualbegleiter_innen dürfen ihren Beruf nur nebenberuflich ausführen, um nicht in finanzielle Abhängigkeit zu geraten. Schleimhautkontakt ist tabu.
    Unsere Gefühle gegenüber dieser Institution waren gemischt. Einerseits wurde darüber geredet, dass die Sexualität von Behinderten/Verrückten ein zu lange verdrängtes Thema ist, das durchaus einer Initiative bedarf. Dann hat sich uns die Frage gestellt, ob es nicht fast sinnvoller wäre, diese Nische spezialisierten Prostituierten zu überlassen. Die Grazer Ausbildung barg für uns einige problematische Aspekte. Denn eine Abhängigkeit der Klient_innen besteht ja unabhängig von der finanziellen Abhängigkeit der Begleiter_innen. Wie sucht man diese Begleiter_innen aus, wie kann man eventuelle Missbraucher_innen aussieben? Was ist überhaupt deren Motivation, eine solche Arbeit anzunehmen? Wie kann man deren Arbeit kontrollieren? Wie wird mit der emotionalen Beziehung umgegangen, die unvermeidlich zwischen Begleiter_in und Klient_in entsteht? Wie können die Rollen klargestellt werden, gerade auch gegenüber geistig behinderten Klient_innen? Und warum macht man die Grenze gerade beim Schleimhautkontakt und nicht früher/später? Bedeutet ein Abbruch der Intimität an einer bestimmten (möglicherweise willkürlich erscheinenden) Stufe nicht ein mutwilliges Lock/Frust-Manöver?

    Das hat uns natürlich wiederum zu der Frage zurück geführt, warum wir den physischen Kontakt hier als derart problematisch sehen, wo doch auf psychischer Ebene ebenfalls viel Macht und Missbrauch ausgeübt werden kann. Ebenso stellte sich die Frage, inwiefern die Psychotherapie mit dem Körper nicht einen wichtigen Punkt einfach ausblendet.
    Körper, Sexualität, Gewalt, Abhängigkeiten und Machtmechanismen – die Psychotherapie steckt möglicherweise jetzt bereits mitten drin.

    Elisabeth Klar für die feministisch-systemische Arbeitsgruppe

    Bei Interesse mitzuwirken oder auch für Rückmeldungen zu diesem Text: E-mail an Sabine Kirschenhofer (kirschenhofer@tele2.at) oder telefonische Kontaktaufnahme unter 0664-505 31 19.

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